Von Wendelin Trs
Ein tierischer Zufluchtsort ist der Bergerhof in Reit an der Straße zwischen Iggensbach und Außernzell. Verletzte Wildtiere aller Art, vor allem Greifvögel, werden
dort fürsorglich gepflegt und aufgepäppelt, bis sie wieder bereit für das Leben in der Wildnis sind. Nicht umsonst nennen Elvira und Willi Berger ihr Refugium Lebenshof. Für wenige
Tiere kommt aber auch ihre Hilfe zu spät, wie im Fall eines Mäusebussards, der einen Tag vor Weihnachten verletzt bei Winzer gefunden und auf den Bergerhof gebracht worden ist.
Seit 30 Jahren kümmert sich Elvira Berger um verletzte Greifvögel und Eulen, arbeitet eng mit Landratsamt und Landesbund für Vogelschutz zusammen. Oft sind es Jungvögel, die aus dem
Nest gefallen sind und deshalb von den Elterntieren nicht mehr versorgt werden, die zu ihr gebracht werden. Aber auch verletzte Tiere – das passiert meist bei Autounfällen – kommen zu
ihr. 20 bis 40 Vögel im Jahr, schätzt sie. Auf dem Bergerhof leben aber auch vorübergehend Rehe, Ziegen, Elstern oder Krähen: die Bergers halten auch Kühe und Schafe.
Ein Lebenshof für Wildtiere
Es ist auch schon vorgekommen, dass Vögel Rattengift erwischt hatten und dann von Elvira Berger gesund gepflegt werden mussten. Doch eine Schussverletzung, das gab es in den drei Jahrzehnten noch nie. Ein Spaziergänger hatte den verletzten Mäusebussard einen Tag vor Heiligabend etwa um die Mittagszeit neben dem Weg in der Auwiese bei Winzer gefunden. Der rechte Flügel war gebrochen. Schnell stellt sich heraus, dass das etwa ein Jahr alte Tier eine Schussverletzung hatte. Elvira Berger kämpfte gemeinsam mit dem Tierarzt um das Leben des verletzten Vogels.
Der Vogel musste operiert werden. Der erfahrene Tierarzt, der nicht genannt werden möchte, legte gemeinsam mit Elvira Berger, einer gelernten Krankenschwester, die Wunde an dem verletzten Flügel frei, so dass das gesamte Ausmaß sichtbar wurde. Abgestorben und faulig war das Gewebe um die Schussverletzung, zu der später auch noch eine Bisswunde – vermutlich durch einen Marder – dazugekommen war. Somit war das Tier nicht mehr zu retten, denn der Arzt hätte ihm den Flügel amputieren müssen, was bei Wildtieren nicht erlaubt ist. Der Bussard musste eingeschläfert werden.
Bei der OP wurde auch ein einzelnes Schrotkügelchen aus der Wunde gesichert, das Elvira Berger den bereits ermittelnden Beamten der Polizei in Deggendorf bringen wird. Die Schussverletzung ist eindeutig. Danach ist der Vogel nach ihrer Theorie flugunfähig zu einem Luderplatz gehüpft, um zu fressen, und ist dort mit einem Marder zusammengestoßen. Auffällig: Nach der Sicherung des verletzten Bussards beobachtete der Finder, dass ein schwarz gekleideter Mann mit weißem Streifen auf dem Rücken und vermummt mit seinem schwarzen Quad ganz langsam um die Fundstelle fuhr, als ob er etwas suche. Nach Elvira Bergers Informationen wurden dort vor kurzem die Kadaver von einem Biber und einem Nutria, beide geköpft, gefunden. Deshalb vermutet sie, dass eventuell ein Trophäenjäger dahinter steckt. „Aber das ist wirklich nur eine Vermutung“, betont Elvira Berger.
Mit einem Mauerseglerfing alles an
Meist kann sie von einem Happy End bei ihren Fundtieren berichten. Ein gutes Gefühl hat sie bei dem Wespenbussard, der vor kurzem mit einem gebrochenen Unterschenkel bei Auerbach gefunden wurde. Jetzt überwintert der Vogel auf dem Bergerhof bei guter Pflege und sogar Physiotherapie für seinen verletzten Greiffuß. „Die Wespenbussarde sind oft so zahm, als wären sie von Hand aufgezogen, aber das ist ihr Naturell“, berichtet Elvira Berger.
Sobald die Vögel bereit zum Auswildern sind, werden sie in die Nähe der Fundstelle gebracht oder leben in völliger Freiheit und ohne Voliere so lange weiter auf dem Bergerhof, bis sie sich von selbst aufmachen. Manche bleiben, wie die freche Elster Richie. Sie lebt seit etwa einem Jahr bei den Bergers und neckt jeden, der in den Garten kommt, setzt sich auf die Schulter von Elvira Berger und zwickt sie mit dem Schnabel in den Oberarm. „Komm her, du Lauser.“ Nein, das sagt nicht Elvira Berger, sondern so tönt es aus der Kehle der Elster, die noch mehr freche Sprüche drauf hat.
Bis vor ein paar Jahren kümmerte sich Elvira Berger auch um Singvögel. Doch für die kleinen Piepmatze, die bisweilen alle zwei Stunden teils mit speziellen Sonden gefüttert werden müssen, ist ihr der zeitliche Aufwand mittlerweile zu groß, ihre Wildtierauffangstation ist ohnehin bereits ein Fulltime-Job. Die Futterkosten übernimmt bis zu einem gewissen Punkt das Landratsamt. Die Eintagesküken und kleinen Mäuse als Futter finanzieren die Bergers selbst.